Gefahren für eine glückliche Beziehung

shutterstock_119991547 72dpi Kevin Day

Wo bleibt der Optimismus der Vergangenheit, wenn eine Beziehung ein paar Jahre andauert? Wo bleibt der Glanz der ersten Verliebtheit? Wo bleiben die Schmetterlinge im Bauch? Wo bleibt die Liebe, die anfangs auch blind machen darf? All das verschwindet in einem Nebel der Gewohnheit, in einem Mangel der gegenseitigen Achtung und in einem wechselseitigen Unverständnis. Dies führt zu Krisen. Was aber sind die Ursachen für Beziehungskrisen, die nicht nur das Zusammenleben erschweren, sondern auch zu Scheidungen führen?
Hier die Zusammenstellung der wichtigsten Ursachen für Beziehungskrisen. Dahinter steckt der Grundsatz, dass erst das Erkennen der Ursache es möglich macht, am Symptom – also an der Krise – zu arbeiten und somit die Ursache und in der Folge das Symptom zu vermeiden.
Schweigen
Wenn etwas nicht passt und dies verdrängt oder verleugnet wird, dann kann man damit rechnen, dass das Unbewusste dies nicht vergisst und es garantiert später und meist in geballter Ladung wieder zum Vorschein kommt. Wenn also Konflikte nicht angesprochen werden, dann folgt die Krise mit Sicherheit. Deshalb sollten Konflikte konstruktiv ausgetragen werden.
Kränkungen
Im Wort Kränkung steckt die Krankheit. Dies ist der erste Grund, warum Kränkungen in einer Beziehung keinen Platz haben sollten. Das „Aushalten“ von Kränkungen durch Rückzug oder Flucht ist auch keine Lösung. Kränkungen müssen angesprochen und vermieden werden.
Meiden und Ausweichen
Eine partnerschaftliche bzw. eine Ehebeziehung verlangt per se nach Gemeinsamkeit und Zusammensein. Natürlich ist gelegentlicher Rückzug durchaus sinnvoll und für eine glückliche Beziehung sogar gesund, aber keinesfalls darf dies zur Regel werden – es führt zu einer Entfremdung und zur Krise.
Alkohol
Sucht ist oft eine Flucht vor sich selbst, vor dem Partner, vor anderen unbewussten Einflüssen. Für den Partner oder für die Partnerin kann solches zu verheerenden Folgen führen. Mit Alkohol wird ein temporäres Glücksgefühl geschaffen, das eine Fiktion ist. Die daraus entstehende Macht kann aber auch Aggression und Gewalt mit sich bringen.
Ersatzbeziehung
Damit ist nicht gleich ein Seitensprung gemeint, sondern oft wird durch Arbeit oder Hobby, das intensiv ausgeübt wird, ein Ersatz für etwas gesucht, was es zu Hause nicht mehr gibt. Solches ist eher Symptom als Ursache, aber eine solche wird versteckt. Wenn der Partner in einer anderen Welt zu leben scheint, dann ist die Krise wohl nicht weit.
Ersatzobjekte
Oft ist der schwächere Partner in einer Beziehung ein Ersatzobjekt für Angst, Wut und Aggression, mit anderen Quellen. So suchen zum Beispiel Kritik und Misserfolg im Beruf ein Ventil – und das findet sich nicht selten beim Ehepartner.
Dauerkritik
Konstruktive und lösungsorientierte Kritik bringt eine Beziehung weiter. Dauerkritik, nur der Kritik wegen, ist allerdings immer eine Abwertung und sorgt für eine Erniedrigung. Kritik am anderen ist auch eine Erhöhung des eigenen Selbst zu Lasten des anderen. Über kurz oder lang wird die Beziehung darunter leiden bzw. schweren Schaden nehmen.
Schuldzuweisungen
Eine solche ist in der Regel eine Ablenkung von der eigenen Schuld. Schon die Suche nach einem Schuldigen lässt negative Energie innerhalb einer Beziehung entstehen. Dabei ist niemand ohne Fehler und solche dürfen auch passieren, um aus ihnen zu lernen und nicht, um den anderen zu erniedrigen.
Machtbedürfnis
Macht ist ein zweifelhaftes Motiv und dennoch werden viele Beziehungen von diesem beherrscht. Sie zeigt sich in verbaler, körperlicher oder sexueller Unterdrückung und kann sowohl Ursache als auch Folge einer Beziehungskrise oder Lebenskrise sein.
Muster
Jeder Mensch ist das Produkt seiner Vergangenheit. Konkreter heißt das, dass der eigene Sozialisationsprozess überaus prägend ist und das Gelernte dem Unbewussten zugeführt wurde, was dort zu Handlungen führt. Deshalb finden sich in Handlungen, die zu Krisen führen, sehr oft Muster aus der Ursprungsfamilie, die in gleicher oder auch ähnlicher Form ausgelebt werden – ohne dass es dem Betroffenen bewusst ist, dies aber der Partnerschaft schadet.
Routine
Eine solche kehrt in den meisten Beziehungen sehr bald ein und gewisse Routinen sind durchaus hilfreich, weil sie eine Form der Gegenseitigkeit, des Verständnisses und des Vertrauens darstellen. Wenn es aber ritualhaft wird und Abweichungen negative Emotionen auslösen, dann sind es Anzeichen einer Krise, die früher oder später die Beziehung gefährden werden.
Alte Bindungen
Damit sind nicht allfällige frühere Beziehungen gemeint, sondern oft wurde – aus welchen Gründen auch immer – der Entwicklungsprozess (z.B. die Ablösung von den Eltern) gestört. So eine alte Bindung kann zu einer großen Belastung innerhalb der Familie werden, wenn z.B. die Ehegattin oder der Gatte zu einer Konkurrenz zur Mutter oder zum Vater wird.
Unerfülltes
Die eigenen Unzulänglichkeiten, wie zum Beispiel unerfüllte Erwartungshaltungen der Eltern, werden auf die eigenen Kinder übertragen und es entsteht ein familiärer Druck, der die Beziehung und die Familie gefährden kann.
Tabus
Unbewusste Tabus können in der Partnerschaft schwerwiegende Folgen haben, beispielsweise kann eine sexuelle Abwehr darauf zurückzuführen sein. Eine solche führt zur Belastung und zur Krise, die sich unweigerlich immer mehr verfestigt und zur Eskalation (z.B. Trennung) führen kann.
Angst
Angst ist ein denkbar schlechter Lebensbegleiter und ist in erster Linie ein Symptom mit oft schwer ausfindig zu machenden Ursachen. Aber Angst kann auch eine Ursache für Beziehungskrisen sein. So z.B. kann die Angst vor Zurückweisung, Alleinsein, Liebesverlust und anderem, zu Streit und Hader führen.
Traumata
Jede Vergangenheit ist eine individuelle. In vielen Lebensgeschichten finden sich dramatische Ereignisse. Meist sind solche unbearbeitet und sorgen für Konflikte und Krisen in der Partnerschaft. Es muss nicht gleich ein kindlicher Missbrauch sein, der in der späteren eigenen Ehe zum Beispiel zur Gewaltbereitschaft führt – es gibt auch viele andere Ereignisse, die (meist nicht erinnerlich) das Zusammenleben belasten kann.
Angleichung
Viele versuchen, ihr eigenes Selbstmodell dem anderen aufzuzwingen. Wird dem nicht entsprochen, kommt es zum Versuch, den Menschen nach dem eigenen Muster zu formen. Abweichungen werden dann als Fehler oder Makel angesehen. So kann die schlecht zugeschraubte Zahnpasta-Tube Anlass zu einem heftigen Streit sein – und ist lediglich eine Metapher für den Anspruch, dass das eigene Verhalten übernommen werden muss. Das muss schiefgehen und die Beziehungskrise ist die Folge.

Die angeführten Beispiele sind sicherlich unvollständig. Sie zeigen aber, dass es viele verschiedene Ursachen für Beziehungskrisen gibt. Oft haben die Auslöser für eine Beziehungskrise selbst wieder eine Ursache. Jedenfalls gibt es keine einfachen Rezepte. In den meisten Fällen sind sich die Betroffenen über die wahren Quellen der Krise gar nicht bewusst. Deshalb ist es kaum möglich, Beziehungskrisen alleine zu bewältigen. Auch wenn nicht gleich eine Trennung als letzter Ausweg scheint, kommt es zu einer emotionalen Dauerbelastung, zu Lasten des eigenen Glücks, zu Lasten der Kinder und zu Lasten der Gesundheit. Beziehungskrisen brauchen deshalb (fast) immer professionelle Hilfe – je früher desto besser. Wir sehen in der Regel nur das Symptom und nicht die Ursache. Aber auch, wenn wir der Ursache vermeintlich auf die Spur kommen, können wir alleine nicht eingreifen.

Die Beziehungstherapeuten DDDr. Karl Isak und Dr. Lieselotte Fieber vom Institut für Beziehungspsychologie sehen eine breite Hilflosigkeit unter den Paaren und führen dies darauf zurück, dass die eigentlichen Ursachen nie erkannt werden und man somit selbst die Wirkung – wenn überhaupt – nur temporär aber nicht nachhaltig beeinflussen kann. „Wenn jemand immer wieder Schmerzen hat, dann kann man diese mittels einer Tablette kurzfristig besiegen, will man aber die Schmerzen langfristig loswerden, muss man der Ursache der Schmerzen auf die Spur kommen und dort ansetzen. Damit ist aber ein Patient in der Regel überfordert. Gleiches gilt für Paare: Auch sie wären bei einer Selbsttherapie überfordert.“

 

(Foto: shutterstock.com/Kevin Day)

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